Angst vor Skydiving aber würde es trotzdem gerne machen - gute Idee?

4 Antworten

Das "Fallgefühl" hast Du nur am Anfang für einige Sekunden, weil Du recht schnell die so genannte "Terminalgeschwindigkeit" von ~180 km/h (50 m/s) erreichst, bei der sich Luftwiderstand und Gewichtskraft ausgleichen. Ab dann verbleibst Du quasi in gleichförmiger Bewegung, die Beschleunigung geht dann gegen Null. Ab diesem Moment hast Du im Grunde den Eindruck, Du seist "in Ruhe", und ein unglaublich krasser Wind weht von unten. Es ist ein bisschen so, als würdest Du auf der Autobahn den Kopf aus dem Autofenster strecken, nur eben am gesamten Körper.

(Kurzer Einschub: Viele Menschen haben den Eindruck, bei starkem Sturm nicht mehr atmen zu können. Das ist bei mir auch so, auch wenn ich mir beispielsweise einen Fön ins Gesicht halte. Interessanterweise passiert das aber beim Springen nicht. Ich bin bisher zweimal Tandem gesprungen und habe bisher insgesamt 40 Minuten in einem Windkanal verbacht. Es ist kein Problem. Ich weiß nicht, "wieso" es kein Problem ist, aber ich kann Dir versprechen, dass es in der Tat keines ist. ;-) Vielleicht tritt es nicht auf, wenn der gesamte Körper angeströmt wird. Keine Idee! Aber es funktioniert. ;-) )

Ohnmacht ist einem Kollegen von mir mal nach der Schirmöffnung passiert. (Sorry, diese Aussage ist sicher nicht hilfreich für Dich, aber ich möchte ehrlich sein.) Das passiert ab und an, weil während der Schirmöffnung eine ziemlich starke "negative Beschleunigung" (= Verzögerung) auf Dich wirkt und das Blut ist, wie jede Masse, träge und wird dann in die Beine gezogen. Außerdem kommst Du aus der "Horizontalen" dann eben auch wieder in eine aufrechte Lage, was den Effekt verstärkt. In der Regel macht das dem Körper nichts aus, aber ab und an passiert es eben doch, dass mal ein Passagier "wegklappt".

Ich war bei diesem Vorfall leider "dabei", also wir sind beide Tandem gesprungen. Sein Tandemmaster ist unmittelbar nach meinem gesprungen. Ich hatte nach diesem Vorfall ebenfalls wahnsinnige Angst, erneut zu Tandem zu springen, weil ich selbst eine gewisse "Vorgeschichte" diesbezüglich habe. Ich war bereits achtmal in meinem Leben bewusstlos (aus diversen Anlässen). Also erzählte ich vor meinem zweiten Tandemsprung der Dropzone, was beim letzten Mal passiert ist, erzählte ihnen von meiner Vorgeschichte und fragte, ob es "sicher" für mich sei, noch einmal Tandem zu springen. Ich wollte ja weder mein eigenes Leben, noch das des Tandempiloten, gefährden. Sie sagten, das sei kein Problem, selbst wenn etwas passiert, sein Tandempiloten auf solche Vorfälle vorbereitet. (Also mit anderen Worten, die bringen Dich auch noch nach unten, wenn Du wie ein nasser Sack in den Seilen hängst, auch wenn es dadurch sicher schwieriger für sie ist, also wenn Du kannst, solltest Du schon Körperspannung halten. ;-) ) Nunja, dann bin ich ein zweites Mal gesprungen (mit dem selben Tandempiloten, wie beim ersten Mal) und natürlich ist nichts passiert.

Tandemspringen kannst Du ohne jegliche medizinische Voruntersuchung. Wenn Du selbst springen willst, ist das anders. Wichtiger als "Höhenangst" ist übrigens "Flugangst". Die Ursachen sind nicht die gleichen. Es gibt Menschen, die "Höhenangst" haben und dennoch springen können, allerdings habe ich gehört, wenn man "Flugangst" hat, dann wird das nichts.

thatwemaylive 
Fragesteller
 06.10.2015, 02:28

Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Noch eine Frage, du hast geschrieben ..."40 Minuten in einem Windkanal verbracht", aber das hat mit dem Tandemspringen nicjts zu tun oder? Das ist was anderes? Weil der Sprung dauert wohl nur ein paar Minuten oder? Und Flugangst habe ich manchmal, aber mehr vom Abstürzen her weil man im Flugzeug so ausgeliefert ist... Klar beim Tandemsprung auch, aber ich weiss nicht ich glaube da würde ich mich komischerweise sicherer fühlen denke ich... (Ok das waren drei Fragen;)

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NoHumanBeing  08.10.2015, 23:36
@thatwemaylive

Ich wollte mich mal zum Fallschirmspringer ausbilden lassen. Daraus ist allerdings nichts geworden, weil der Vorfall bei meinem Kollegen in mir starke Angst ausgelöst hat. Wenn Du die ganze Geschichte lesen willst, siehe meine Frage vom 19. März 2014 auf dieser Plattform.

Ich habe anschließend versucht, diese Angst per Freifalltraining in einem Windkanal wieder zu lösen, was zwar erfolglos blieb, aber das Training im Windkanal hat trotzdem Spaß gemacht. ;-)

Beim Tandemsprung aus 4'000 m (übliche Absetzhöhe) hast Du nicht einmal eine Minute freien Fall. Im Windkanal kannst Du natürlich "beliebig lange fallen". Da wirst Du von unten von einer großen Turbine "angepustet" und die "hebt Dich an". Diese Anlagen werden auch von erfahrenen Fallschirmspringern zum Training benutzt. Speziell die so genannten "Rezirkulatoren" ("Göttinger Bauart") erreichen sehr hohe Strömungsgeschwindigkeiten und eine extrem gleichmäßige, nahezu laminare, d. h. turbulenzfreie Strömung und ermöglichen somit eine sehr realistische Freifallsimulation. Ich kann das nur empfehlen. Da der Großteil des "Risikos" draußen ist und somit die Anspannung nicht so stark ist, kannst Du Dich sehr gut konzentrieren und einen schnellen Lernfortschritt erzielen. Außerdem entfällt natürlich auch das ganze Prozedere von wegen auf die Höhe achten, öffnen, Schirmfahrt und insbesondere natürlich der Flug nach oben, der auch mit einem sehr schnellen Flugzeug noch 15 Minuten dauert. Und Du kannst eben auch längere Zeit "am Stück fallen", während Du bei einem echten Fallschirmsprung eben nach etwa einer Minute den Schirm öffnen musst.

Die 40 Minuten im Windkanal waren allerdings auch nicht "am Stück". Das wäre viel zu anstrengend, so lange die Körperspannung zu halten. Es waren drei Termine, zwischen denen Wochen/Monate lagen, die ersten beiden hatten eine Tunnelzeit von jeweils 15 Minuten, der dritte eine Tunnelzeit von 10 Minuten, was laut Angaben des Betreibers schon ziemlich viel ist, wenn man nicht darauf trainiert ist. Ich kann auch bestätigen, dass Du danach, zumindest sofern Du das nicht ständig machst und es daher "gewohnt bist", schon mehr als genug Muskelkater haben wirst. ;-)

Ein noch längerer Zeitraum im Windkanal wäre wohl ziemlich unproduktiv. Deine Muskeln lassen nach, Deine Haltung wird schlechter, Deine Konzentration lässt nach, Dein Lernfortschritt verlangsamt sich. Aber grundsätzlich kann ich das Training im Windkanal nur empfehlen. Es macht süchtig, auch wenn man gar nicht mehr wirklich das Ziel verfolgt, zu springen. Es ist ziemlich teuer, aber verglichen mit den Kosten eines "echten" Sprungs (und insbesondere der geringen Fallzeit) ist es dann doch wieder ziemlich günstig. Und Du kannst eben nach einer kurzen Einweisung tatsächlich selbst "fliegen" (fallen), während beim Tandemsprung ja immer noch der Tandemmaster die Kontrolle hat.

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thatwemaylive 
Fragesteller
 10.10.2015, 04:35
@NoHumanBeing

Super vielen Dank nochmals :) für den windkanal reicht es nicht mehr da ich schon übernächsten montag springen würde und ich im ausland (californien) bin. Mal schauen ob ich mich traue :)

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Das Gefühl des "Fallens", was du in der Achterbahn oder in der Schiffschaukel oder dem Sprung vom 10 m Brett hast, hast du beim Fallschirmspringen nicht, es sei denn, du würdest aus einem Heißluftballon springen. Der Grund ist, dass das Flugzeug, aus dem du springst, sich bereits bewegt, und du deshalb schon ab der ersten Sekunde Luftanströmung hast, quasi ein "Luftkissen" unter dir.

Das Gefühl im freien Fall ist am ehesten mit "schnell" oder "rasant" zu beschreiben - ein wenig wie bei 100 km/h die Hand aus dem Autofenster zu halten. (Bei einem Heißluftballon bewegt sich der Ballon gegenüber der Luft nicht, da er vom Wind getrieben wird, folglich gibt es erstmal keine Anströmung und du würdest in den ersten 10 Sekunden das "Fallgefühl" spüren.)

Niedriger Blutdruck ist erstmal kein Problem, du bekommst eine umfangreiche Einweisung, und dann ist man i.d.R. aufgeregt, aber nicht in Panik beim Sprung. Selbst wenn du ohnmächtig werden würdest (es kommt in ganz seltenen Fällen tatsächlich mal vor, dass Tandempassagiere für ein paar Sekunden ohnmächtig werden, allerdings ist die Zahl mit 0,0x % der Tandemsprünge wirklich extrem gering und kommen sie fast immer nach ein paar Sekunden wieder zu sich), wäre das für die Sicherheit kein Problem - der Tandemmaster könnte dennoch innerhalb kürzester Zeit sicher mit dir landen.

Tandemsprung - (Fallschirmspringen, Skydiving)

Vor dem Sprung würdest du doch entsprechend trainieren. Dabei kannst du dich mit deiner Angst auseinander setzen. Ich selbst empfinde die Höhenangst mehr als das Bauchgefühl, aber das Hochgefühl beim Sprung ist ganz besonders. Wenn du mal hörst, mit welchem Juchzen die Erstspringer herunterkommen, dann willst du das auch erleben.

Das geht nur wenn du die Angst überwindest. Ich könnte es nicht.